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2.4. Zweitsubstitution von Benzol

Reagiert ein Benzol-Molekül, das bereits einen Substituenten trägt, in einer elektrophilen aromatischen Substitution gibt es prinzipiell drei Stellen an denen der neue Substituent eingeführt werden kann: ortho, meta, oder para. Die unter Elektronische Substituenteneffekte beschriebenen Konzepte können verwendet werden, um aus den elektronischen Eigenschaften des vorhandenen Substituenten den bevorzugten Ort der Zweitsubstitution zu bestimmen.

Entscheidend dafür, ob die Reaktion in ortho-, meta- oder para-Stellung stattfindet, ist die jeweilige Höhe der Übergangszustände. Ist für eine bestimmte Reaktion zum Beispiel der Übergangszustand der Substitution in ortho-Stellung energetisch höher als der in meta-Stellung, wird bevorzugt in meta-Stellung substituiert werden, da dort die Reaktion schneller abläuft. Als Modell für den Übergangszustand kann das energetisch hochliegenden Intermediat, das Arenium-Ion, verwendet werden (Hammond-Postulat). Die Reaktionen, bei denen das Arenium-Ion gut stabilisiert, d.h. energetisch tiefliegend ist, werden wahrscheinlich auch einen energetisch tieferen Übergangszustand haben und somit bevorzugt stattfinden. Im Folgenenden werden die Arenium-Ionen bei einem ortho-, einem meta-, sowie bei einem para-Angriff verglichen.

Aus dem gezeigten Schema ist ersichtlich, dass es sowohl beim ortho- als auch beim para-Angriff eine Grenzstruktur gibt, bei der die positive Ladung direkt neben dem Substituenten X zu liegen kommt. Beim meta-Angriff ist das hingegen nicht der Fall. Daraus folgt, dass der Substituent bei einem ortho- oder para-Angriff einen stärkeren Effekt, sei er stabilisierend oder destabilisierend, auf das Kation ausübt. Elektronendonoren, die die positive Ladung des Kations mit ihrem Elektronenüberschuss ausgleichen können, werden daher ortho- und para-Angriffe begünstigen, da sie so eine größere stabilisierende Wirkung haben. Elektronenakzeptoren hingegen haben bereits einen Elektronenmangel, was die Grenzstruktur, bei der die positive Ladung direkt neben dem Substituenten zu liegen kommt, sehr ungünstig macht. Sie begünstigen die meta-Position.

Um bei einer gegebenen Reaktion den Ort der Zweitsubstitution abzuschätzen, müssen also die elektronischen Eigenschaften des bereits vorhandenen Substituenten abgeschätzt werden. Donoren dirigieren in ortho- und para-Position, Akzeptoren dirigieren in meta-Position. Wie im Kapitel zu Elektronische Substituenteneffekte beschrieben, überwiegen im Allgemeinen π- über σ-Effekte.

Die Halogene Fluor, Chlor, Brom und Iod stellen gewissermaßen einen Spezialfall dar: Sie sind schwache π-Donoren und gleichzeitig starke σ-Donoren. Durch den starken σ-Effekt wirken sie insgesamt leicht desaktivierend, der π-Donor Effekt führt aber dazu dass der Zweitsubstituent in ortho und para Stellung eintritt.