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2.6.2. Reaktionen über Diazoniumsalze

Diazoniumsalze bieten eine vielseitige Zwischenstufe, die in eine Reihe verschiedener Substituenten umgewandelt werden kann.

Herstellung von Diazoniumsalzen: Diazotierung

Aromatische Amine (zugänglich durch die Reduktion von Nitrogruppen) können durch die Reaktion mit salpetriger Säure, HNO2, in Diazoniumverbindungen überführt werden. HNO2 kann in situ aus NaNO2 und einer Säure, z.B. HCl, hergestellt werden.

Da die Herstellung von Diazoniumionen sowohl über einen Akzeptor (Nitrogruppe) als auch über einen Donor (Aminogruppe) führt, können zusätzliche Substituenten sowohl in meta-Stellung als auch in ortho- bzw. para-Stellung zu der, aus dem Diazoniumion hergestellten Gruppe, eingeführt werden.

Die reaktive Spezies, das Nitrosylkation NO+, entsteht aus salpetriger Säure durch Abspaltung von Wasser. Es reagiert als Elektrophil mit der NH2-Gruppe des Aromaten und durch eine Reihe von Protonentransfers und die Abspaltung von Wasser entsteht das Diazoniumion.

Sandmeyer-Reaktion

Bei der Sandmeyer-Reaktion werden Diazoniumsalze in die Halogenide Cl, Br, I oder das Pseudohalogenid CN umgewandelt. Für Clor, Brom und die Cyanogruppe wird jeweils das Kupfersalz benötigt, für Iod genügt Kaliumiodid.

Nicht nur die Reaktionen zu Iodid- und Cyanid-Substituenten, die mit den bisher beschrieben Reaktionen nicht zugänglich sind, sind sehr nützlich. Bromid- oder Chlorid-Substituenten können zwar über einfache Halogenierungen eingeführt werden, will man aber beispielsweise einen Donor-Substituenten in meta-Stellung zu einem Bromid oder Chlorid, die ja beide ortho- und para-dirigieren, einführen, kann man dies auf der Stufe der Nitrogruppe tun und diese anschließend über Reduktion, Diazotierung und Sandmeyer-Reaktion in das gewünschten Chlorid oder Bromid überführen. Mit der Sandmeyer-Reaktion können keine Fluorid-Substituenten eingeführt werden, hierzu muss die Schiemann-Reaktion eingesetzt werden.

Die Sandmeyer-Reaktion verläuft wahrscheinlich radikalisch, ist aber mechanistisch nicht vollständig geklärt.

Schiemann-Reaktion

Mit Hilfe der Schiemann-Reaktionen können Fluoridsubstituenten an Aromaten eingeführt werden. Hierfür wird das Diazoniumsalz mit Tetrafluoroborat BF4- als Gegenion hergestellt und anschließend ohne Lösungsmittel erhitzt.

Phenolverkochung

Die Phenolverkochung ermöglicht die Umwandlung von Diazoniumsalzen in Hydroxygruppen. Wird das Diazoniumsalz über 5 °C erhitzt spaltet sich N2 ab und ein Arylkation entsteht, welches von Wasser als Nukleophil angegriffen wird. Auch die Reaktionen mit anderen Nukleophilen wie z.B. Alkoholen ist möglich. Oft passiert die Phenolverkochung als unerwünschte Nebenreaktion bei der Darstellung von Diazoniumsalzen.

Reduktion zu Hydrazinen

Mit Natriumsulfit Na2SO3 können Diazoniumsalze zu den entsprechenden Hydrazinen reduziert werden. Das Sulfitanion (SO32-) dient als Reduktionsmittel und wird zum Sulfatanion (SO42-) oxidiert.

Entfernung der Diazoniumgruppe

Mit Ethanol als Reduktionsmittel kann die Diazoniumgruppe entfernt werden. Dabei wird der Alkohol zum Aldehyd oxidiert und N2 entweicht.